Silvan Brun: Marco Vittori, wie geht es dir?
Marco Vittori (lacht): «Was ist das für eine Frage?! Natürlich geht es mir gut.»
Marco, der Dorfplatz 9 in Stans mit seinen vier angeschlossenen Läden, der Bäckerei, der Molkerei, der Metzgerei und deiner Gemüserei gilt als Juwel in der Schweizer Detailhandelslandschaft. Was macht diesen "Laden", wenn ich dem so sagen darf, derart einzigartig?
«Der Dorfplatz 9 ist für mich ein Laden - an dem Wort ist nichts verkehrt -, der die Leute auf dem Land bedient. Diese Identität ist spürbar. Der Dorfplatz 9 gleicht folglich auch nicht einem Department Store eines Luxusdelikatessenhändlers, obschon er jetzt nach dem Umbau sehr modern daherkommt. Einzigartig macht den Dorfplatz 9 aber sicherlich das Konzept der Ladengemeinschaft, welches in diesem Jahr das zwanzigjährige Bestehen feiert. Dieses Konzept, welches sich dadurch auszeichnet, dass die Kunden in vier verschiedenen Läden bedient werden und ihre Besorgungen anschliessend an einer Kasse bezahlen können, war übrigens schon das eine oder andere Mal Kopiervorlage. Meines Wissens wurde aber noch nie ein Ladenkonzept mit vier oder gar mehreren Läden realisiert.»
Der Standort scheint mir auch optimal zu sein?
«Ja, sind wir doch mitten im Zentrum von Stans sehr gut und vor allen Dingen sehr schön gelegen, weshalb man uns bestens mit allen Verkehrsmitteln oder zu Fuss erreichen kann. Einzig und allein die Parkplatzsituation macht uns manchmal etwas zu schaffen. Aber, wer im Dorfkern geschäftet, muss mit diesem Handicap umgehen können. Was den Dorfplatz sonst noch einzigartig macht, um deine vorherige Frage abschliessend beantworten zu können...»
Ja, bitte....
«....ist, dass wir nicht jeden Trend mitmachen, sondern mit langfristigem Gedanken handeln. Gleichwohl verfolgen wir das Geschehen am Markt jederzeit sorgfältig und passen unser Sortiment wenn nötig an. So geschehen bei den Olivenölen. Wir bieten ein ausgewogenes Standard-Sortiment mit regionalen und saisonalen aber teilweise auch mit internationalen Spezialitäten zu fairen Preisen. Unser Angebot steht jeder und jedem offen, die berüchtigte Schwellenangst soll keinem unserer Kunden widerfahren.»
Das heisst mit anderen Worten, im Dorfplatz 9 kann ich meinen Wocheneinkauf tätigen und muss nicht zur Migros, zum Coop oder zum Spar?
«Ja, das heisst es. Wir haben das Glück, von einer wirklich sehr grossen Stammkundschaft profitieren zu können. Viele Kunden kaufen täglich bei uns ein, andere kommen mindestens einmal in der Woche zum grossen Wocheneinkauf. Es ist unsere Aufgabe, die Bedürfnisse dieser wichtigen Kundengruppen vollends befriedigen zu können. So wissen wir beispielsweise nicht nur, was unsere Stammkunden gerne einkaufen, sondern auch, an welchem Tag und um welche Uhrzeit diese bei uns einkaufen. Teilweise können wir Besuche unserer Stammkunden auf eine halbe Stunde genau vorhersagen. Entsprechend gelingt es uns, eine sehr hohe Servicequalität an den Tag zu legen, das unterscheidet uns sicherlich von herkömmlichen Supermärkten, wo das Persönliche vielleicht nicht genau so viel zählt.»
Gibt es neben den Stammkunden auch Kundschaft, die den Dorfplatz 9 zufällig besuchen?
«Ja, das kommt regelmässig vor, obschon es natürlich hier in Stans bedeutend weniger Laufkundschaft gibt als beispielsweise in Luzern. Viele Kunden, die den Dorfplatz 9 zum ersten Mal besuchen, sind über die Grösse des Ladens und über sein vielfältiges Angebot überrascht. Wir haben doch rund 600 Quadratmeter Fläche und sind somit fast dreieinhalb Mal so gross wie der durchschnittliche Volg-Laden. Der Dorfplatz 9 ist von aussen tatsächlich unscheinbar und man ahnt nicht, wie gross er in Wirklichkeit ist. Entsprechend versuchen wir, mit Dekorationen vor dem Haus auf unsere Angebotsvielfalt hinzuweisen. Beispielsweise jetzt, in dieser Jahreszeit, mit einer wunderschönen Präsentation von saisonalen Früchten.»
Marktfeeling mitten in Stans?
«Dafür stehen wir, und auch das ist ein Punkt, der uns von den grossen Supermarktketten unterscheidet. Wir hätten noch viele andere, extravagante Ideen in dieser Hinsicht gehabt, aber noch grössere Produktauslagen und -präsentationen sind kostspielig weil sehr arbeitsintensiv und würden das Preisniveau der Produkte zu Ungunsten der Kunden anheben. Das wollen wir nicht.»
Die Nidwaldner finden seit rund zweieinhalb Jahren dank deinen Bemühungen zu gutem Olivenöl. Wie kam es dazu, dass du dich für echte native Olivenöle extra und somit auch für eine Bereinigung deines Olivenölsortiments im Dorpflatz 9 interessiert hast?
«Nun gut, Olivenöl begleitet mich seit bald 30 Jahren, auch weil ich privat fast ausschliesslich mit Olivenöl koche, und zwar in allen Formen. Beim Olivenöl für den Dorfplatz 9 ist es für mich ähnlich wie bei meinem Projekt mit den Schweizer Weinen, die wir hier anbieten: Ich habe nach einem Partner gesucht, der mir eine qualitativ hochstehende und diversifizierte Palette an herausragenden Produkten anbieten kann. Und noch viel wichtiger war es für mich, dass ich für dieses Olivenölprojekt, welches bei mir durch das Lesen der Olivenölzeitschrift Merum angestossen wurde, eine Vertrauensperson gewinnen kann, auf die ich mich in Sachen Qualität und Ehrlichkeit zu jeder Zeit voll und ganz verlassen kann. Hätte ich keinen Projektpartner gefunden, hätte ich sicherlich grosse Schwierigkeiten, meiner Kundschaft ein solch herausragendes Olivenölportfolio anbieten zu können. Oder einfacher gesagt, es wäre gar nicht erst möglich.»
Merum hat quasi Anteil an deiner Neuorientierung beim Olivenöl, warum?
«Beim Olivenöl weiss man schon seit je her, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Merum ist es gelungen, anhand von Fakten glaubwürdig darzulegen, warum es sich lohnt, für gutes Olivenöl etwas mehr Geld auszugeben. Ausserdem habe ich bei Merum in der Toskana an einem Olivenöl-Crash-Kurs teilgenommen. Mich hat das motiviert, mein Olivenölangebot im Dorfplatz 9 zu überarbeiten. Schlussendlich ist es doch auch so, dass die Kunden jene Qualität erwarten dürfen, die auf der Etikette angegeben ist. Jetzt, dank der Zusammenarbeit mit evoo ag, kann ich diesen Anspruch erfüllen. Mehr noch, wir können den Kunden heute sogar die passenden Olivenöle für die entsprechenden Anwendungen in der Küche empfehlen. Alle unsere Mitarbeiter genossen diesbezüglich eine entsprechende vierstündige Ausbildung bei evoo ag.»
Mit anderen Worten heisst das, dass die qualitative Verbesserung des Olivenölangebotes im Stanser Dorfplatz 9 in erster Linie dein persönliches und nicht in erster Linie ein kommerzielles Anliegen ist?
«Ja, ganz klar. Natürlich soll auch hier der Grundsatz gelten "wer kärglich sät, wird auch kärglich ernten; doch wer im Segen sät, wird auch im Segen ernten". Interessant ist für mich dabei vor allem, meinen Kunden mit auf den Weg zu geben, warum gute Olivenöle eben etwas mehr kosten. Ich kann das gut erklären, denn über die guten Öle weiss ich viel zu erzählen, beispielsweise wo und wie und vor allem von wem sie hergestellt wurden, aus welchen Oliven sie erzeugt wurden und zu welchen Gerichten sie passen. Es wäre absurd, gleiches über die Mainstream-Olivenöle erzählen zu wollen. Erstens riechen und schmecken sie fast alle gleich, und zweitens weiss keiner genau, woher sie kommen und wie sie produziert wurden. Zudem sind Foodpairing-Empfehlungen fatal, weil diese klassischen Supermarktöle jedes Gericht ruinieren. Unsere Kunden haben den Mehrwert unserer Spitzenöle verstanden. Sie probieren aus und haben oft gar mehrere Flaschen in der Küche stehen, nehmen je nach Gericht das leichtere oder das kräftigere Olivenöl, eines mit Noten von Tomaten oder eines, das intensiv nach gründen Mandeln duftet. Es macht Spass, die Menschen für solch tolle Produkte begeistern zu können.»
Eine gute Beratung ist sicherlich gefragt, da dein Olivenölangebot im Dorfplatz 9 relativ gross ist.
«Wir haben je nach Saison bis zu 15 verschiedene Spitzenöle aus unterschiedlichen Anbaugebieten im Angebot. Das ist eine grosse Vielfalt und in der Zentralschweiz sicherlich einzigartig. Ich glaube, man müsste weit reisen, um ein vergleichbares Angebot finden zu können, falls es denn überhaupt eines gibt.»
15 verschiedene Olivenöle. Überfordert das die Kunden nicht?
«Mit Hilfe von evoo haben wir die Regalplätze entsprechend beschriftet, wie man das vom Wein her kennt. Die Kunden erkennen darauf, woher das Öl kommt, wer es produziert hat, wie hoch Fruchtigkeit, Bitterkeit und Schärfe sind und auch, zu welchen Gerichten oder Lebensmitteln das Öl empfohlen wird. Wer im Schuss ist und keine persönliche Beratung wünscht, kann sich an diesen Hinweisen sehr gut orientieren. Wir merken, dass das sehr gut ankommt. Wer mehr Zeit hat und sich vor dem Kauf persönlich von der Qualität des Öls überzeugen möchte, kann bei uns unter Anleitung einer ausgebildeten Fachperson sogar degustieren. Auch das ist einzigartig und Teil unseres Services.»
Und, wie schneiden die eher bitteren und scharfen Olivenöle bei den Degustationen ab?
«Das ist natürlich eine Geschmackssache. Die einen sind davon regelrecht angetan, während andere Kunden damit wirklich wenig anfangen können und lieber zu einem milderen Öl greifen. Wir weisen stets darauf hin, dass die Bitterkeit und die Schärfe, die in unseren Ölen empfunden werden können, Zeichen von Qualität und für einige Olivensorten und Extraktionsweisen typisch seien. Auch das Hüsteln, das beim Schlürfen provoziert werden kann, sei absolut normal, sagen wir jeweils. Wenn wir dann noch den Aspekt der Gesundheit ansprechen, haben es die bitteren Öle plötzlich leicht, in den Einkaufskorb zu wandern.»
Dein Sortiment wechselt je nach Ernte und Verfügbarkeit der Öle. Wie gehen die Kunden mit diesem wechselnden Angebot um?
«Ich denke, dass es unsere Aufgabe ist, dem Kunden mitzuteilen, das Angebot sei begrenzt, da es sich um handwerklich erzeugte Spitzenprodukte handle oder, dass es bei einem Erntewechsel das eine oder andere Öle eben nicht mehr in unserem Angebot gäbe, weil unser Partner aufgrund von einer Qualitätsanalyse entschieden habe, das Produkt durch ein besseres zu ersetzen. Der Kunde versteht diese Philosophie absolut.»
Du hast gesagt, dass die Ernte irgendwann nach der Saat passiere. Hat sich die Umstellung deines Olivenölsortiments auch in finanzieller Hinsicht gelohnt? Sprich, gibt es Umsatzzuwachs und gar mehr Deckungsbeiträge?
«Das Olivenöl komplettiert unser Sortiment prima und hilft, uns als kompetenten Nahversorger zu positionieren, das ist mal die erste Feststellung. Die zweite Einsicht ist, dass wir in der Tat eine Umsatzsteigerung im Olivenölsegment haben, alleine bedingt durch das erweiterte Angebot. Man muss aber schon konsequent dranbleiben, ein Selbstläufer ist es nicht. Olivenöl verkauft sich auch nicht zu jeder Jahreszeit gleich gut, wie wir feststellen. Es kann schon mal vorkommen, dass Kunden begeistert von der Vorführung der Öle gleich drei oder vier Flaschen kaufen, diese dann aber nicht schnell genug aufbrauchen können, weshalb der nächste Abschluss mit den selben Kunden dann lange auf sich warten lässt. Auch hier ist es unsere Aufgabe, Olivenöl als vielseitig einsetzbares Würzmittel anzupreisen, welches möglichst überall und oft verwendet werden soll. Es schmeckt ja hervorragend und ist ausserdem sehr gesund. Ich handhabe es zudem so, dass ich den Kunden empfehle, immer wieder frische Öle bei uns zu holen und nicht selber einen Jahresvorrat zu Hause zu lagern.»
Ist die Frage, ob man Olivenöl erhitzen könne, eine, die oft gestellt wird?
«Die Frage wird nicht oft direkt gestellt. Viel häufiger fragen die Kunden, ob man ein Olivenöl speziell für die kalte Küche empfehlen könne. Wir machen dann darauf aufmerksam, dass man mit dem empfohlenen Öl auch anbraten, kochen und frittieren könne, was jeweils überrascht aber dankbar angenommen wird. Einen sehr guten und treuen Kunden haben wir, der bei uns seit diesem Hinweis jeweils ein Olivenöl im 3-Liter-Format kauft und damit jedes "Pommfrittli" frittiert. Er ist schlicht begeistert.»
Marco, wie hoch ist dein persönlicher Olivenölkonsum?
«Ich gehöre zu den Vielverbrauchern der Schweiz, die den Durchschnittskonsum nach oben drücken. In unserem Zweipersonenhaushalt brauchen wir pro Jahr rund 35 Liter. Ohne Frittieren, weil Pommes-Frites esse ich nur auswärts.»
Vielen Dank für das Gespräch, Marco. Wie wäre es jetzt mit einer Portion Pommes-Frites, mein Magen knurrt nicht nur, der fletscht ja schon die Zähne.... Marco Vittori ist seit Herbst 2012 Inhaber der G. Coldebella AG und einer der vier Ladenpartner des Stanser Dorfplatz 9. Seit dem Frühjahr 2017 arbeitet Vittori in Sachen Olivenöl mit dem Kompetenzzentrum für Olivenöl evoo ag zusammen und bietet seinen Kunden eine stets frische Auswahl herausragender Olivenöle an. Weitere Informationen finden Sie unter: https://www.coldebella-ag.ch/
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