Rapsöl existiert nur dank Pestiziden: «Es gibt praktisch kein biologisch produziertes Rapsöl mehr.» Lediglich noch 1 Prozent der gesamten Schweizer Raps-Erntemenge stammt aus Bio-Anbau.
- Silvan Brun
- vor 3 Tagen
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Aktualisiert: vor 3 Tagen

Rapsöl ist nicht gesund. Gewissermassen gibt das nun selbst die nationale Organisation der Ölsaatenproduzenten zu. Sie sagt, dass es praktisch kein biologisch produziertes Rapsöl mehr gibt. Rund 99 % des in der Schweiz kultivierten Rapses wird konventionell und unter Einsatz zahlreicher Pestizide angebaut. Doch auch der konventionelle Rapsanbau schrumpft. Der Grund: Immer mehr hochgefährliche Wirkstoffe verlieren ihre Zulassung. 2024 sank die schweizweite Anbaufläche um 1’000 Hektar – der tiefste Stand seit 2019. Dabei war die Fläche zwischen 2017 und 2023, nicht zuletzt wegen der Rezepturumstellung bei Zweifel-Chips, noch um 24 % auf 25’339 Hektar gestiegen. Der Schweizerische Getreideproduzentenverband (SGPV) schlug Alarm – und forderte vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen die Zulassung des umstrittenen Wirkstoffs Cyantraniliprol zur Saatgutbeizung. Für die Pestizid- und Saatgutindustrie wäre das ein schönes Geschenk gewesen, lehnte das BLV die Forderung nicht ab.
Der Schweizerische Getreideproduzentenverband (SGPV), der die nationale Organisation der Ölsaatenproduzenten ist, warnt: Der Rapsanbau in der Schweiz geht zurück – um über 11 % gegenüber 2023. Der Grund? Mangel an chemischen Pflanzenschutzmitteln. Diese Klarheit frappiert. Denn selten gibt ein Branchenverband so offen zu, dass eine Kultur ohne Chemie nicht überlebensfähig ist.
Im Artikel des Schweizer Bauer vom 3. April 2025 heisst es:
«Ohne Pflanzenschutzmittel überleben die zarten Pflanzen nicht.»
Schweizerischer Getreideproduzentenverband
Damit ist eigentlich alles gesagt.
Gelbe Rapsfelder, so schön sie im Frühling auch aussehen mögen, stehen sinnbildlich für eine Landwirtschaft, die eigentlich seit Anbeginn von artifiziellen und synthetischen Eingriffen abhängig ist. Was aussieht wie Natur, ist in Wahrheit ein Laborkonstrukt. Von der Züchtung über die Beizung des Saatguts bis zur Spritzung der Pflanze – der Raps, ein frankensteinscher Kreuzblütler, kann ohne Dauerbehandlung mit teilweise hochgefährlichen chemischen Wirkstoffen nicht überleben. Unglaublich, dass das Öl, welches aus der Saat dieser geschundenen Pflanze in einem ebenso naturfremden, hochindustriellen Prozess gewonnen wird, vom Bund und der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung als gesundes Speiseöl propagiert wird. Nichts könnte realitätsfremder sein.

Nationale Organisation der Ölsaatenproduzenten fordert von den Behörden die Zulassung von Cyantraniliprol zur Beizung der Rapssaat
Ohne tödliche Insektizide richten Erdflöhe bei den Raps-Keimlingen bekanntermassen grosse Schäden an. Im Extremfall führe dies, so der SGPV, zur vollständigen Vernichtung der Kultur. So wurde neben Chlorpyrifos (2020), Bifenthrin (2020) und Alpha-Cypermethrin (2023) per Ende 2021 auch der Wirkstoff Thiacloprid, ein systemisch wirkendes Neonicotinoid, das an nikotinische Acetylcholinrezeptoren im Nervensystem von Insekten (auch Bienen) bindet, zu Übererregung, Lähmung und Tod führt, in der EU und ebenso in der Schweiz verboten. Thiacloprid, das gegenüber dem Menschen eine endokrine Wirkung haben kann und als umweltpersistent gilt, war lange ein zentraler Bestandteil der Schädlingsbekämpfung im Rapsanbau – besonders dort, wo keine Beizung mehr erlaubt war. Es war Teil der Rezeptur von Bayers Pflanzenschutzmittel "Biscaya". Weil es nun in den Augen der Agrarlobby an wirksamen Pflanzenschutzmitteln fehlt, forderte der SGPV beim Bund die Zulassung des Insektizids Cyantraniliprol zur Beizung des Rapssaatguts. Dabei handelt es sich um einen Wirkstoff, der gezielt die Muskelrezeptoren von Insekten blockiert, sodass diese sich nicht mehr bewegen können und zugrunde gehen. Die Substanz wirkt sowohl systemisch (über Fraß) als auch über Kontakt. Er wird in anderen Ländern bereits eingesetzt, wurde aber in der Schweiz wegen möglicher Umweltfolgen nicht zugelassen. Dementsprechend lehnte das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) die Zulassungsforderung des SGPV ohne Re-Evaluation ab.
Statt diese Entscheidung des BLV zu akzeptieren, kritisiert der Verband nun, dass Raps künftig importiert werden müsse – aus Ländern, in denen diese Wirkstoffe erlaubt sind. Der Unterton: Wir sollten diese tödlichen Insektizide hier auch erlauben. Eine äusserst gefährliche und dumme Argumentation, die nur von Menschen ausgehen kann, denen Geld eben wichtiger ist als alles andere. Denn sie bedeutet: Entweder wir vergiften uns selbst – oder wir kaufen von denen, die das für uns tun. Spätestens jetzt dürfte jedem, der noch Rapsöl konsumiert, speiübel werden.
Cyantraniliprol – ein neues Gift für den Raps?
Cyantraniliprol ist ein synthetisches Insektizid aus der Gruppe der Diamide. Es wirkt auf das Nervensystem von Insekten, indem es deren Muskelrezeptoren (Ryanodin-Rezeptoren) blockiert. Die Folge: Die Schädlinge können sich nicht mehr bewegen, fressen nicht mehr – und sterben. Der Wirkstoff wird in der Landwirtschaft zur Beizung von Saatgut oder als Spritzmittel eingesetzt. Beim Raps soll er vor allem gegen Erdflöhe helfen, die Jungpflanzen im Keimblattstadium regelrecht auffressen können. Cyantraniliprol verteilt sich über das Gefässsystem in der gesamten Pflanze – also auch in Blüten, Pollen und Nektar. Damit besteht ein potenzielles Risiko für Bestäuber und Nützlinge. Obwohl die Pestizidindustrie Cyantraniliprol als "zielgerichtet" und "effizient" bewirbt, wurde der Wirkstoff vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) nicht zugelassen. Zu gross die ökologischen Fragezeichen. Der Schweizerische Getreideproduzentenverband (SGPV) forderte dennoch seine Zulassung – erfolglos.
1 % Bio – das ist keine Nische, das ist Zeugnis, dass Raps ein Konstrukt ist, das in der Natur nicht funktioniert
Besonders entlarvend ist der Hinweis des SGPV, dass nur noch 1 Prozent des Rapsöls in der Schweiz biologisch erzeugt wird. Das heisst übersetzt: 99 Prozent des hierzulande erzeugten Rapsöls stammen aus konventioneller, pestizidgestützter Intensivlandwirtschaft. Und selbst dieses eine Prozent ist kaum praxistauglich, wie Forschungsprojekte laut SGPV zeigen:
«Die Schädlingsbekämpfung ohne chemischen Pflanzenschutz wurde getestet – allerdings ohne befriedigende Lösungen.»
Schweizerischer Getreideproduzentenverband
Man stelle sich vor, dasselbe würde über Olivenöl gesagt: «Ohne systemische Insektizide funktioniert es nicht.» Es gäbe einen Aufschrei. Doch beim Raps wird es als "normal" betrachtet. Weil sich mit dem Rapsanbau, der Rapsölherstellung und dem Rapsöl selber nie jemand ernsthaft auseinandergesetzt hat. Wer aber nachforscht, dem wird recht schnell klar werden: Rapsöl ist definitiv kein Lebensmittel. Es ist auch kein Nahrungsmittel. Es ist ein Konstrukt idiotischer Menschen. Etwas, das nie hätte den Weg auf unsere Teller finden dürfen. Und doch wird es als gesundes und nachhaltiges Speiseöl propagiert – an Perversion kaum zu überbieten!
Der Rückgang des Rapsanbaus in der Schweiz ist deshalb kein Grund zur Sorge. Er ist ein Zeichen dafür, dass etwas, das offensichtlich so naturfremd ist, dass es – anders als der Olivenbaum – ohne Chemie in den Kreisläufen der Natur nicht bestehen kann, endlich hinterfragt werden muss. Wenn eine Kultur nur mit systemischen Nervengiften überleben kann, dann ist nicht der Rückgang dieser Kultur bedenklich – sondern ihr Fortbestehen. Statt neue Ausnahmen für neue Gifte zu fordern, ist es an der Zeit, sich von der Illusion zu verabschieden, dass jedes Öl, das billig zu haben ist, auch gut für uns ist. Ganz abgesehen davon, dass wir die tatsächlichen Kosten gar nicht erst abschätzen können. Man denke nur an die gesundheitlichen Folgekosten und man denke auch an die immateriellen Kosten, weil natürliche Habitate wegen dem Rapsanbau als verseucht gelten.
Rapsöl war schon immer ein Produkt der Agrarchemie – das wird sich niemals ändern. Es ist an der Zeit, das zu erkennen.