Innerhalb eines Jahres haben sich die Olivenölpreise in Spanien drastisch erhöht, wobei die Kategorie "nativ extra", die als höchste Qualitätsstufe gilt, mit über 8,5 €/kg im Ursprung einen bisher nie dagewesenen Höchststand erreicht hat. Doch was steckt hinter dieser Preisentwicklung? José María Penco, Direktor von AEMO, liefert uns einen tiefen Einblick in die aktuelle Situation.
Ein entscheidender Faktor für die steigenden Preise ist die verminderte Olivenölproduktion in Spanien, gibt Penco zu verstehen. Normalerweise liegt die Jahresproduktion bei beeindruckenden 1,5 Millionen Tonnen. Im vergangenen Jahr jedoch wurden lediglich 680'000 Tonnen produziert. Auch die Prognosen für die aktuelle Ernte 2023/2024 sind nicht deutlich vielversprechender: Es wird erwartet, dass nicht mehr als 800'000 Tonnen produziert werden. Das ist knapp eine Halbierung im Vergleich zu regulären Ernten (wir berichteten darüber).
Die Loyalität der Spanier zu ihrem Olivenöl hat im wahrsten Sinne des Wortes ihren Preis. Sie hat nämlich dazu geführt, dass der Preis für Olivenöle der ersten drei Güteklassen politisch diktiert in die Höhe getrieben werden musste.
- Silvan Brun, evoo ag
Hauptursache für diese rückläufigen Zahlen sind extreme klimatische Bedingungen. Spanien litt dieses Jahr unter einer langanhaltenden und schweren Dürre, kombiniert mit extremen Temperaturen und Winden während der Blütezeit im Frühjahr. Ähnliches ereignete sich bereits letztes Jahr. Diese Bedingungen führten respektive führen zu einer verringerten Olivenproduktion reduzieren somit die am Markt verfügbare Ölmenge.
Aber warum hat diese reduzierte Menge zu solch hohen Preisen geführt? Laut Penco von AEMO ist die Antwort paradox und zugleich ermutigend: «Die Verbraucher sind so loyal gegenüber Olivenöl, insbesondere dem hochwertigen nativen Olivenöl extra, dass sie trotz der Preiserhöhungen nicht darauf verzichten wollen. Diese Loyalität zeigt, wie sehr das Produkt geschätzt wird - vielleicht sogar mehr, als wir uns je hätten vorstellen können.» Mit anderen Worten: Die Spanier haben nicht damit aufgehört, am Morgen ihre Scheibe Toastbrot mit Tomaten, reichlich Olivenöl und wahlweise luftgetrocknetem Schinken zu essen. Das Spektakel ist beispielsweise allmorgendlich im Madrider Bahnhof Atocha zu beäugen, wo die Pendler an den Verpflegungsstationen schnell ein «pan con aceite de oliva, tomate y jamón» einverleiben, ehe sie den nächsten Zug erwischen. Die Loyalität der Spanier zu ihrem Olivenöl hat im wahrsten Sinne des Wortes ihren Preis. Sie hat nämlich dazu geführt, dass der Preis für Olivenöle der ersten drei Güteklassen (nativ extra, nativ und lampant) politisch diktiert in die Höhe getrieben werden musste. Denn, in Madrid wollte man unter allen Umständen verhindern, dass im schlimmsten anzunehmenden Fall die Olivenöllagertanks noch vor dem Start der neuen Olivenernte 2023/2024 versiegen. Und andererseits schielte man nach Italien und merkte, dass das Preisniveau für spanisches Olivenöl demjenigen Italiens ähnelte. Endlich ist man mit den Italienern, was die Preise angeht, auf Augenhöhe.
Doch es gibt auch einen Silberstreif am Horizont. Penco gibt zu bedenken, dass der Markt für Olivenöl schwer vorherzusagen ist und der aktuelle Höchstpreis vielleicht schon der Spitzenwert sein könnte. Mit einer immer noch halbwegs akzeptablen Ernte für 2023/2024 könnten die Preise in Anbetracht des grundlegenden Gesetzes von Angebot und Nachfrage wieder sinken.
Im Moment scheint Letzteres sogar der Fall zu sein. Die Preise für natives Olivenöl extra haben in den vergangenen zwei Wochen auf hohem Niveau leicht nachgegeben. In Andalusien hat es im September geregnet, die Qualität der am Baum hängenden und heute teilweise bereits geernteten und zu Öl verarbeiteten Oliven war somit vielerorts hervorragend, was zu einer Verbesserung der Ernteaussicht und zu einem prospektiv höheren Angebot führte.
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