Das von evoo ag importierte und vertriebene Olivenöl Lei von CastellPuglia wurde im Rahmen einer behördlichen Olivenölkontrollkampagne im Frühjahr 2021 chemisch-analytisch, sensorisch-analytisch und in Bezug auf die Kennzeichnung geprüft und für gesetzeskonform befunden. Die weniger erfreuliche Botschaft: Die Dienststelle Lebensmittelkontrolle und Verbraucherschutz des Kantons Luzern, die für die Probenerhebung zuständig war, will evoo ag die Detailergebnisse der Untersuchungen trotz eigentlicher Verpflichtung gemäss geltender Verordnung nicht zugänglich machen.
Behörden verlangen Kleinunternehmen erfahrungsgemäss einiges ab. Vor allen Dingen verlangen sie - ganz gleich ob wir von der Steuerbehörde oder von der Lebensmittelbehörde reden - von diesen Genauigkeit und Pünktlichkeit. Eine in kleinen Teilen unzureichende Sachbezeichnung oder ein nicht gänzlich korrekter Aufbewahrungshinweis wird bei kleinen Inverkehrbringern von Lebensmitteln in der Regel geahndet. Recht ist's. Schliesslich dient eine unbestechliche und unnachgiebige Behörde der Konsumentensicherheit.
Problematisch wird es nur, wenn ihm Rahmen ihrer Vollzugstätigkeit plötzlich die Behörde aufs frisch versiegelte Tanzparkett geschickt wird und dort im Stile des einbeinigen Captain Hooks alles andere als eine gute Figur abgibt.
Ein gebranntes Kind vergisst nicht
evoo ag wurde im Jahr 2017 schon einmal Opfer des behördlichen Unvermögens, Olivenölkontrollen effizient und rechtssicher durchzuführen. Damals wurden zwei Proben eines Olivenöls entnommen, welches die Behörde mit der fast fünf Monate späteren Zustellung des Untersuchungsberichts als Lampantöl deklariert hatte.
evoo ag schloss ein solches Testresultat kategorisch aus, da die entsprechenden grenzwertüberschreitenden Parameter auf eine Reaktion im Zusammenhang mit Sauerstoff hinwiesen, evoo ag dem Lebensmittelkontrolleur aber ausschliesslich original-verschlossene und versiegelte Proben ausgehändigt hatte.
Aus dem Rückstellbestand sendete evoo ag zwei Proben desselben Olivenöls an das renommierte Lebensmittel-Untersuchungs-Labor Eurofins Analytik in Hamburg. Eine wurde händisch manipuliert, das heisst, sie wurde geöffnet und in eine neue Flasche umgefüllt, wobei diese nur zu drei Vierteln gefüllt und dafür nach dem Verschliessen kräftig geschüttelt wurde. Die aus Hamburg eingetroffenen Resultate bestätigten die Vermutungen. Das entsprechende Olivenöl war von höchster Qualität - nativ extra. Und, das mit Sauerstoff manipulierte Muster zeigte bei den entsprechenden Parametern gegenüber dem Original-Muster höhere Werte an. Somit war der Beweis erbracht, dass die Behörden bei der Probenverarbeitung im Labor entweder unsauber gearbeitet oder aber die Proben gar vertauscht hatten.
Doch, die von evoo ag ins Feld geführte Argumentation interessierte de jure niemanden. Auch nicht die Dienststelle Lebensmittelkontrolle und Verbraucherschutz des Kantons Luzern. Sie gab zwar zu verstehen, dass sie den Analysen Eurofins Glauben schenke, jedoch die vom Kantonalen Labor Zürich ermittelten Resultate per se weder infrage stellen dürfe noch infrage stellen könne. Erschwerend kam hinzu, dass die Behörden keine Nachuntersuchung einleiten konnten, da sie es verpasst hatten, Rückstellmuster zu bilden, die im Falle eines Streites, was vorliegend zweifelsohne der Fall war, auf behördliche Anordnung hin hätten in verschiedenen Laboratorien untersucht werden können. Somit blieb evoo ag nichts anderes übrig, als mit diesem scheusslichen Tintenfleck, der einzig und alleine aufgrund von Behördenpfusch entstand, in ihrem Reinheft zu leben.
Neuer Test. Neues Glück?
Am 3. Februar 2021 wurden bei evoo ag im Rahmen der amtlichen Kontrolltätigkeit der Luzerner Behörden wiederum Proben entnommen. Die Tragödie von 2017 durfte sich keinesfalls wiederholen. Entsprechend hatte evoo ag Vorkehrungen getroffen und zur Probeentnahme eine Notarin des Kantons Luzern mitgebracht, welche den gesamten Probeentnahme-Vorgang notariell feststellen sollte.
Hierzu musste die Notarin zunächst einmal alle Personalien der am Vorgang Beteiligten erfassen. Selbstverständlich auch jene des Lebensmittelkontrolleurs.
Der Lebensmittelinspektor hat für Kontrollzwecke vier Flaschen des gleichen Öls entnommen. Mit weiteren acht Flaschen, die er ebenso versiegelte, hat er auf Aufforderung von evoo ag zwei Rückstellmuster-Einheiten gebildet, die im Falle eines Rekurses aufgrund eines anzufechtenden Testresultats auf behördliche Anordnung hin an weitere Laboratorien zur Kontrolle hätten gesendet werden können.
Schlussendlich fand gar der Lebensmittelkontrolleur, dass diese Art der Probenerhebung, wie sie von evoo ag vorgeschlagen wurde, eine saubere Sache darstelle und künftig immer so vonstattengehen sollte.
Dienststelle Lebensmittelkontrolle und Verbraucherschutz gibt keine Informationen zu den Kontrollergebnissen
Am 28. Mai 2021 orientierte die Stellvertretende Kantonschemikerin des Kantons Luzern, Dr. Susanne Losio, evoo ag mit Zustellung des Untersuchungsberichts schriftlich darüber, dass die am 3. Februar 2021 entnommene Probe den gesetzlichen Anforderungen entspreche. Auf weitere Ausführungen zu den Testresultaten wurde im Untersuchungsbericht verzichtet.
«Die Detailergebnisse der amtlichen Untersuchung können wir Ihnen nicht zustellen.»
Dr. Susanne Losio, Stv. Kantonschemikerin des Kantons Luzern
Was die Verordnung sagt
Art. 9 Schriftliche Aufzeichnungen über die amtlichen Kontrollen
1 Die Vollzugsbehörden erstellen schriftliche Aufzeichnungen über jede amtliche Kontrolle. Diese Aufzeichnungen können in Papierform oder elektronischer Form erfolgen.
2 Die schriftlichen Aufzeichnungen enthalten:
a. den Zweck der amtlichen Kontrolle;
b. die angewandten Kontrollmethoden;
c. die Kontrollergebnisse;
d. gegebenenfalls die von der verantwortlichen Person zu ergreifenden Massnahmen.
3 Die Vollzugsbehörden stellen den kontrollierten Betrieben auf Verlangen eine Kopie der schriftlichen Aufzeichnungen zur Verfügung, es sei denn:
a. es wurde eine amtliche Bescheinigung oder eine amtliche Attestierung ausgestellt; oder
b. die Anordnung einer Untersuchungs- oder einer Gerichtsbehörde verbietet es.
4 Sie informieren die Betriebe umgehend in schriftlicher Form über Verstösse, die bei den Kontrollen festgestellt werden.
Gemäss Artikel 9 der Verordnung über den Vollzug der Lebensmittelgesetzgebung
(LMVV) SR 817.042 hat die Vollzugsbehörde dem kontrollierten Betrieb jedoch nicht nur eine Kopie der Aufzeichnungen über die Kontrollmethoden, sondern auch über die Kontrollergebnisse auszuhändigen (siehe Abschnitt Was die Verordnung sagt). Das heisst, der kontrollierte Betrieb hat das Recht, wissen zu dürfen, welche Parameter kontrolliert wurden und wie die entsprechenden Kontrollergebnisse ausfielen.
In einer am 31. Mai 2021 an die stellvertretende Kantonschemikerin des Kantons Luzern geschriebenen E-Mail ersuchte evoo ag die Dienststelle Lebensmittelkontrolle und Verbraucherschutz um die Bekanntgabe der Detail- resp. Kontrollergebnisse.
In Ihrer Antwort-E-Mail vom 2. Juni 2021 schrieb Frau Dr. Losio: «[..] Die Detailergebnisse der amtlichen Untersuchung können wir Ihnen nicht zustellen. [..]»
Selbstverständlich insistierte evoo ag und wies Dr. Losio auf den entsprechenden Verordnungsartikel hin, wonach evoo ag ein Recht habe, die Aufzeichnungen über Kontrollmethoden und Kontrollergebnisse zu erhalten. Daraufhin machte die stellvertretende Kantonschemikerin am 25. Juni in einer E-Mail gegenüber evoo ag detaillierte Angaben über die Kontrollmethoden.
Unverständlicherweise verzichtete Dr. Losio aber darauf, die zugehörigen Kontrollergebnisse mitzuschicken. evoo ag insistierte erneut und liess dem Kanton Luzern eine neue Aufforderung zukommen.
«Ich kann es mir folglich nicht erklären, warum Sie uns zwar über die Kontrollmethoden nicht aber über die Kontrollergebnisse orientieren. Es gibt mit Sicherheit nichts, das Sie vor evoo ag im Zusammenhang mit einer Probe von evoo ag verheimlichen müssten.»
Silvan Brun, CEO evoo ag
Die Dienststelle Lebensmittelkontrolle und Verbraucherschutz des Kantons Luzern antwortete abermals. Am 9. Juli 2021 schrieb sie:
«Auf Grund Ihrer Nachfrage nehme ich gerne Bezug auf mein letztes Email: «Mit unserem Untersuchungsbericht vom 28. Mai 2021 wurde Ihnen die schriftliche Aufzeichnung zur Produktkontrolle der Probe «Lei Olio extra vergine di oliva italiano» zugestellt. Daraus gehen Zweck bzw. Grund der Probenahme, Art der Untersuchungen sowie die Ergebnisse hervor, dass die Probe in Bezug auf die durchgeführten Untersuchungen den gesetzlichen Anforderungen entspricht.»
Das Ergebnis unserer amtlichen Kontrolle ist, dass die Probe in Bezug auf die durchgeführten Untersuchungen den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Damit wurden Ihnen die Ergebnisse der amtlichen Kontrolle bereits schriftlich mitgeteilt und ihre Anfrage erübrigt sich.
Den Hinweis bzgl. der fehlenden Dokumentation bzgl. der Angaben über die Lagerbedingungen gemäss Art. 53, Abs. 2, lit. d LMVV haben wir zur Kenntnis genommen.
Angesichts der Tatsache, dass die Probe in Übereinstimmung mit den rechtlichen Anforderungen ist und sich damit keine weiteren verwaltungsrechtliche Massnahmen ergeben, haben wir den Fall abgeschlossen.[sic]»
evoo ag, die gerne erfahren möchte, wie das Olivenöl bei der behördlichen Prüfung abgeschnitten hat, bleibt nur ein Weg übrig - den justiziellen. Dies kündigt evoo ag in einer letzten E-Mail vom 9. Juli 2021 gegenüber dem Kanton Luzern an.
Selbstverständlich hat evoo ag zu Vergleichszwecken am 5. Februar 2021, also zwei Tage nach der Probeentnahme durch den Kanton Luzern, dasselbe Öl von Eurofins analysieren lassen. Die Testergebnisse, die evoo ag gerne mit den von den Behörden ermittelten Ergebnissen vergleichen würde, finden Sie, liebe Leser, im unten zur Verfügung gestellten Prüfbericht von Eurofins:
Dieser administrative Kraftakt, den vor allem die Luzerner Kantonsbehörden in diesem Fall zu leisten hatten, ist im Grunde genommen nichts anderes als eine Form der Verschwendung von Steuergeldern. Wäre es für die Dienststelle Lebensmittelkontrolle und Verbraucherschutz doch einfach gewesen, nach Gesetz und Verordnung die Kontrollergebnisse der evoo ag ohne Widerrede auszuhändigen. Aber scheinbar gelten Verordnungen und Gesetze für Behörden eben nicht im gleichen Masse, wie sie es für Kleinunternehmen tun. Das ist schade. Ja, es ist im Prinzip die punktgenaue Darstellung, wie der Staat heute funktioniert. Er scheint, vergessen zu haben, wer ihn bezahlt und für wen er eigentlich tätig sein soll.
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