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AutorenbildSilvan Brun

Über den Wolken und unter Tag muss die Freiheit wohl grenzenlos sein – wie der ehemalige Swissair-Linienpilot Dieter Pfisterer in Andalusien seit zwölf Jahren eine Höhle baut. Und, Oliven kultiviert.

Aktualisiert: 19. Sept.


Qualität, die man riecht - Roland Zanotelli hat einen weiteren tollen Argudell-Jahrgang eingefahren. (Bild: zvg) - jetzt bei evoo.expert - beste Olivenöle kaufen
Ein Mann. Ein Tunnel. Dieter Pfisterers Karriere ist beeindruckend. Lehrer. Pilot. Höhlenbauer. (Bild: zVg)

Dieter Pfisterer, ein langjähriger Linienpilot der Swissair und der Swiss, baut in Andalusien an seinem eigenen Höhlensystem. Ein Stück Ödland, das seine Höhlenanlage bedeckt, hat er - auch mithilfe eines Wasserpendlers - in eine grüne Oase verwandelt, die heute neben Oliven, das Pfisterer zu Öl verarbeiten lässt, auch Mangos, Aprikosen, Pfirsiche, Äpfel, Orangen und Kirschen in herzhaftester Qualität spendet. Silvan Brun im Gespräch mit einem Mann, der viel erlebt und noch mehr gesehen hat.



1) Lieber Dieter, uns verbinden mindestens zwei Dinge. Die Liebe zum Olivenöl und das grosse Interesse an einmaligen Geschichten, die das Leben erzählt. Das Olivenöl wie auch die Geschichten haben wir untereinander geteilt, wie man das mit dem Brot unter Brüdern tut. Ich finde deine Geschichten so abenteuerlich, dass ich sie gerne in den Köpfen und Herzen weiterer Menschen wüsste. Würdest du unserer geneigten Leserschaft die eine oder andere Geschichte näherbringen?

Dieter Pfisterer: «Das "Fass", dass du, lieber Silvan, da anstichst, ist nahezu bodenlos! Nur schon meine Jugend, die ich vornehmlich in verschiedenen Internaten wie EMS Samedan und Schiers verbringen durfte, war der vortrefflichste "Nährboden" für unglaubliche und auch haarsträubende Abenteuer und Geschichten, die wahrlich ein ganzes Buch füllen würden.»



Dieter Pfisterer in Diensten des Bundesrats - wenn die Jets des eidgenössischen Lufttransportdienstes nicht abheben konnten (Bild: zVg)
«Danke für's sichere Heimbringen, Captain.» Johann Schneider-Ammann im Cockpit von Dieter Pfisterer (Bild: zVg)


2) Gut, dann lass uns mit der ersten alles verknüpfenden Frage loslegen: Sag mal, wie kommt ein Schweizer Linienpilot zu einer andalusischen Höhle?

«Da muss ich etwas ausholen...»




«Ob ich in der Fliegerei auch spannende Situationen erlebt habe? – Oh ja, das habe ich wirklich, aber alles überlebbar, dazu wurde man ja ausgebildet!»

- Dieter Pfisterer




3) Aushöhlen?

«(Lacht) Ja, das auch. Schon während meiner Zeit im Internat in Schiers habe ich die Liebe zur Fliegerei entdeckt. Ich war Leiter einer Modellflugzeuggruppe, und so sind wir häufig an den Wochenenden mit unseren mehr oder weniger flugtauglichen Konstruktionen auf die Hügel rund um die Schule aufgestiegen, um unsere Flugzeuge ins Tal hinunterfliegen zu lassen. Diese Leidenschaft mündete nach bestandener Matur und dem Lehrerpatent in eine erfolgreiche Selektion für die Schweizer Luftfahrtschule SLS. Auch hier wieder, in der Fliegerei, haben sich Geschichten angesammelt, die ich häufig beim Beisammensein mit Freunden zum Besten zu geben aufgefordert werde. Da ist stets jemand, der fragt, ob ich in der Fliegerei auch spannende Situationen erlebt habe – oh ja, das habe ich wirklich, aber alles überlebbar, dazu wurde man ja ausgebildet! Während meinen 32 Jahren in der Fliegerei, sowohl als Copilot und auch als späterer Kapitän, durfte ich gefühlt unendlich viele schöne, unvergessliche Orte besuchen. So entstand in mir mehr und mehr der Wunsch, in der Pensionierung auch an einem schönen Ort mit Garten zu «landen». Ich entdeckte in Südspanien in einer dürren Einöde ein Stück Land, das mich irgendwie anzog. Am Anfang gab es da weit und breit keine Höhle, nur ein Stück trockenes Land. Und nur durch Zufall, beim Bearbeiten der Terrassierung, bemerkten wir, dass an einem Hang im Untergrund eine Schicht Sandstein liegt. Ich sagte meinem Arbeiter zum Spass, er solle versuchen, bis zu meiner Rückkehr, da einen Tunnel reinzutreiben. Als ich nach ein paar Wochen Flugdienst zurückkehrte, hatte der gute Mann einen zwölf Meter tiefen Tunnel in den Berg gegraben! Das war der Anfang. Daraus entstand in zwölf Jahren ein unterirdisches Höhlensystem mit rund 3'500 Kubikmetern.»



Das Höhlensystem Alamios (Bild: zVg)
Das Höhlensystem Alamios (Bild: zVg)



«Die etwas spöttische Frage «Wie geht es deinem Steinbruch?» ist gelegentlich zu hören. Aber wenn Gaudí auf die Zweifler und Spötter gehört hätte, dann wäre die Sagrada Família nie gebaut worden [..]»

- Dieter Pfisterer




4) Ein Dutzend Jahre sind seit der ersten Bohrung vergangen. Aber, noch bist du mit der Realisierung deiner Vision nicht fertig.

«Das stimmt, und es kommen immer neue Ideen dazu! Aber der Hauptteil ist gemacht, jetzt kommt noch der Innenausbau: Die Böden, Badezimmer, und natürlich die Küche. Da wünsche ich mir etwas Helles, mit Kochinsel und Bar, damit man dem Koch beim Bereiten der Speisen zuschauen und einander Geschichten erzählen kann. Viele meiner Besucher, das spüre ich jeweils deutlich, zweifeln ja insgeheim daran, dass das Projekt jemals fertig wird. Die etwas spöttische Frage «Wie geht es deinem Steinbruch?» ist gelegentlich zu hören. Aber wenn Gaudí auf die Zweifler und Spötter gehört hätte, dann wäre die Sagrada Família nie gebaut worden, und noch so manches in der Welt wäre nicht mindestens versucht worden. Das ist jedoch nicht mein Punkt, sondern der Weg ist das Spannende: Jeden Tag befriedigt zu sehen, dass man wieder einen kleinen Schritt geschafft hat.»



5) Wenn du mir erlaubst: Die Sagrada Família ist bis heute ebenfalls nicht fertiggestellt.

«Fast! Die vier Türme der Evangelisten sind ganz fertig, und die ganze Anlage wird im Jahr 2026 eingeweiht - okay meine Einweihung ist für das Jahr 2028 geplant (lacht).»



6) Auf deiner Webseite www.alamios.ch findet man unter dem Menüpunkt Galerie Vorher-/nachher-Bilder deines Lebensplatzes. Ich habe bereits zahlreiche wunderschöne Olivengüter gesehen, die in Grösse und Art stets ihresgleichen gesucht haben. Und dein Gut reiht sich nahtlos in diese Liste ein – obschon du noch nicht fertig daran gearbeitet hast. Sag mal, wie gross ist die Armee, welche diese Oase hingezimmert hat?

«Das ist das Unglaubliche, aber wir sind meistens nur zu zweit. Gelegentlich kommt ein guter Freund aus der Schweiz dazu. Der ist aus der Baubranche. Immer, wenn er kommt, planen wir jeweils wieder die nächsten Schritte. Insbesondere ist auf die Statik der Höhle und der verbindenden Tunnel sowie der Räume besonders Acht zu geben.»



Ödland in Andalusien. Dieter Pfisterer hat es in eine grüne Oase verwandelt. (Bild: zVg)
Ödland in Andalusien. Dieter Pfisterer hat es in eine grüne Oase verwandelt. (Bild: zVg)
Wo einst nichts war, kaschieren heute terrassierte Olivenhaine Dieter Pfisterers Höhlensystem (Bild: zVg)
Wo einst nichts war, kaschieren heute terrassierte Olivenhaine Dieter Pfisterers Höhlensystem. (Bild: zVg)


7) Ein General und sein Handlanger. Das habt ihr zu zweit erschaffen? Das ist tatsächlich unglaublich. Wie lange dauert das Projekt insgesamt nun schon an?

«Ich habe das Land im Jahr 2004 gekauft. Es sind jetzt also schon 20 Jahre. Und weitere Jahre werden dazukommen - solange ich gesund bleiben darf und die Kraft dazu immer wieder finde.»



Dieter Pfisterers Mann fürs Grobe, sein treuer Arbeiter (Bild: zVg)
Dieter Pfisterers Mann fürs Grobe, sein treuer Arbeiter. (Bild: zVg)


 

Zum Mensch Dieter Pfisterer

Dieter Pfisterer ist ein ehemaliger Linienpilot der Fluggesellschaften Swissair und SWISS und heutiger Unternehmer im Unruhezustand. Er wuchs im Zürcher Oberland auf und verbrachte seine Gymnasialzeit im Internat im Maloja und im Prättigau. Dort erlangte er auch das Primarlehrerpatent. Die Fliegerei faszinierte Dieter Pfisterer bereits in jungen Jahren, sodass er während verschiedenen Anstellungen als Junglehrer die Pilotenselektion der Swissair absolvierte, was ihm danach einen der begehrten Plätze in der Schweizerluftfahrtschule SLS bescherte. In den frühen 80er Jahren startete er seine fliegerische Laufbahn, zuerst 13 Jahre als Copilot und anschliessend 19 Jahre als Kapitän. Nebenher bildete sich Dieter Pfisterer auch als Helikopterfluglehrer aus und lernte so die Schönheit der Schweizer Berge kennen. Als Kapitän bei Swissair lud Dieter Pfisterer immer mal wieder Passagiere der "First Class" zur Cockpit-Besichtigung ein. Aus Dankbarkeit wurde er von diesen Passagieren nicht selten auf deren Privatresidenzen, sei es auf dem amerikanischen Kontinent, in Afrika, in Fernost, in Arabien und auch in Europa eingeladen. Daraus erwuchsen einige Bekanntschaften, die an den schönsten und eindrücklichsten Orten ihren Anfang nahmen. Die privaten Gärten, die teilweise abgelegenen Haziendas und die verspielten Parkanlagen hatten es Dieter Pfisterer angetan. So entschloss er, mit 59 Jahren und der damit einhergenden Pensionierung als Linienpilot nicht einfach die Hände in den Schoss zu legen, sondern selber einen üppigen Garten gestalten zu wollen. Irgendwo im Nirgendwo. Auf einem Spazierflug über Andalusien in einem Ultraleicht-Flugzeug eines Freundes hatte Dieter Pfisterer schliesslich seinen künftigen Lebensplatz erspähen können. Aus einem öden Stück Land wurde eine grüne Oase. Und aus dem ehemaligen Piloten wurde ein Gärtner, Architekt, Höhlenbauer und Tierfreund. Auf www.alamios.ch teilt Dieter Pfisterer mit Interessierten den Baufortschritt seines Anwesens. Auf selber Seite kann auch das von seiner Kundschaft sehr geschätzte Olivenöl bezogen werden.


Der Captain ist auf den privaten Anwesen von First Class-Passagieren herzlich willkommen.
Der Captain ist auf den privaten Anwesen von First Class-Passagieren herzlich willkommen. (Bild: zVg)

 



8) Das Aushöhlen begann aber deutlich später?

«Ja. Ich wusste ja zunächst nichts von einer Höhle, da war ja anfänglich auch keine. Wir haben einfach mal die Terrassen wieder aufgebaut und den guten Boden bepflanzt. Erst im Jahr 2012 haben wir wie vorher erwähnt mehr oder weniger per Zufall eine Sandsteinschicht im Untergrund entdeckt, die wir dann angebohrt haben. Wir sind Stand heute mit dem Rohbau, oder besser der Aushöhlung fertig, jetzt kommen Strom, Sanitär, Klima und Internet usw. dazu.»




«Als Swissairpilot, sorry, das «air» hat man mir niemals stehlen können, sammelt man zuerst als Copilot Erfahrung auf der Kurzstrecke und danach auf der Langstrecke. [..]»

- Dieter Pfisterer




9) Zurück zum Fliegen. Du warst auch Langstrecke geflogen. Was waren die schönsten Routen? Und welches die weniger schönen?

«Als Swissairpilot, sorry, das «air» hat man mir niemals stehlen können, sammelt man zuerst als Copilot Erfahrung auf der Kurzstrecke und danach auf der Langstrecke. Wenn es dann Platz gibt und man den Kapitänskurs besteht, und das ist etwas vom Anspruchsvollsten, das ich je erlebt habe, kommt man als Commander auf die Kurzstrecke. Je nach Bedarf und auch eigenem Wunsch kann man später wieder auf die Langstrecke wechseln. Wenn du mich nach den schönsten Routen fragst, dann waren dies die Flüge über zerklüftetes Eis (Grönland), die Wälder von Kanada oder die endlosen Wüstengebiete, die mich stets fasziniert haben. Gefragt jedoch nach Destinationen sind es gar viele einzigartige Länder wie Norwegen mit seinen Fjorden, Alaska, Bali, der Oman, die Malediven, Afrika, Südamerika, die Karibik (von oben) und viele mehr. Und auch hier, tausend und eine Geschichte! Weniger schön war jeweils der Flug nach oder von Japan, wo man fast 8 Stunden über malträtierte russische Tundren flog, respektlos ausgebeutete und verschandelte Gebiete mit ihren lecken Öl-Pipelines sah.»




In Dieter Pfisterers Captain-Blick: Der Nassersee in Ägypten (nasser See, was denn sonst?!; Bild: zVg)
In Dieter Pfisterers Captain-Blick: Der Nassersee in Ägypten (nasser See, was denn sonst?!; Bild: zVg)



10) Apropos Öl-Pipeline: Flogst du auch über das ölspendende Olivenmeer von Jaén?

«Ja selbstverständlich, viele Male. Auf der Luftstrasse nach Málaga sieht man diese Riesen-Olivenhaine sehr gut. Da wurde und wird immer noch sehr viel Arbeit geleistet, sorgsam gepflegt, damit jedes Jahr im Herbst das zweitbeste Olivenöl entstehen kann (lacht)!»



11) Das kann nur zwei Schlüsse zulassen. Erstens: Du findest das Italienische besser. Oder zweitens, du sprichst von deinem Alamios-Olivenöl.

«Ein wirklich rein italienisches Olivenöl, gibt es das überhaupt? Spass beiseite, ja natürlich, da muss ich meinem eigenen grünen Saft den Vorzug geben, das ist ja klar, aber danach kommt gleich das spanische Oro Bailén!»




«Das Swissair-Olivenöl hat mir ehrlich gesagt gar nicht geschmeckt. Aber dafür trägt nicht nur das Olivenöl die Schuld. Denn, sorgfältig gewonnenes Olivenöl gehört einfach nicht in eine lichtdurchlässige Plastikflasche [..]»

- Dieter Pfisterer




12) Oro Bailén stellt tatsächlich vorzügliche Elixiere her. Und sogar das Basis-Öl Casa del Agua ist von sehr hoher Qualität. Der Elysée-Palast soll damit kochen. Ein Bekannter, der aus der Bretagne stammt, beliefert den französischen Regierungssitz. Die SWISS allerdings, wenn wir nochmals aufs Fliegen oder besser gesagt auf die Kulinarik an Board zu sprechen kommen dürfen, hat das meiner Auffassung nach leider nicht begriffen. Immerhin wird der Qualitätsgedanke bei der SWISS grossgeschrieben, so ist zumindest die SWISS von sich selbst überzeugt. Das bringt mich zur nächsten Frage, Dieter: Hattest du seinerzeit als Kapitän das Board-Olivenöl von Swissair und SWISS gekostet?

«In der Tat, den Genuss von Olivenöl habe ich tatsächlich erst in der fliegenden Küche von Swissair kennengelernt. Das Olivenöl kam jeweils in den "munzig" kleinen, grünen Plastikfläschchen auf das Tablett. Und, weil du's wissen willst: Es hat mir ehrlich gesagt gar nicht geschmeckt. Aber dafür trägt nicht nur das Olivenöl die Schuld. Denn, sorgfältig gewonnenes Olivenöl gehört einfach nicht in eine lichtdurchlässige Plastikflasche, das ist in meinen Augen gleich zweimal falsch! Das, muss ich gestehen, weiss ich jedoch erst, seit ich selber Olivenöl produziere.»



13) Spannend. Jüngst hat sich ein Bankier ebenfalls vernichtend über das SWISS-Olivenöl geäussert. Ich weiss, dass das Olivenöl, das du heute in Andalusien erzeugst, bereits bedeutend besser ist als jenes von SWISS. Aber ich nehme nicht an, dass ein nicht mundendes Board-Olivenöl vor 24 Jahren ein Nebenmotiv für dich war, um in Andalusien dieses Projekt anzugehen, oder?

«Nein, ich bin ursprünglich nicht nach Andalusien gekommen, um Olivenöl zu produzieren. Das war auch wieder ein Zufall. Oder nenn’ es ölige Fügung: Auf dem öden Stück Land, das ich 2004 erwerben konnte, standen 20 uralte, fast blattlose, verlassene Olivenbäume. Doch siehe da, als wir ihnen von dem kostbaren Wasser aus der Tiefe gaben, erwachten sie, machten im ersten Jahr nach dieser Tränke vorsichtig Blätter, und im Folgejahr bedankten sie sich bereits mit einer stattlichen Anzahl an Oliven. Zuerst wusste ich gar nicht richtig, was ich damit anfangen sollte. So riet man mir, die Früchte in eine nahe gelegene Mühle zu bringen, was ich tat. Aus diesen ersten Oliven konnten so die ersten 50 Liter Olivenöl gewonnen werden. Aber um Gottes Willen, fragte ich mich, was mache ich mit so viel grüner Sosse? Ich habe es dann im Freundeskreis verteilt. Im nächsten Jahr waren es bereits 100 Liter! Alle so Beschenkten rühmten stets mein Olivenöl, was ich zunächst als standesgemässe Freundlichkeit einschätzte. Als sich die Belobigungen jedoch häuften, wollte ich es wissen und habe mein Olivenöl zur Analyse eingereicht. Dort erhielt ich spontan Höchstnoten, was mich dazu motivierte, das Thema professionell aufzugleisen. Mittlerweile ist der «Freundeskreis», also meine Kundschaft, derart angewachsen, dass ich jährlich mehr und mehr Olivenöl produzieren und verkaufen darf. Dank der Patenbaumaktion, die ich im Frühling 2021 ins Leben gerufen habe, konnte ich mit der letzten Ernte bereits 1'200 Liter eigenes Olivenöl produzieren. Scheinbar haben wir da einiges richtig gemacht! Die frisch gepflanzten Patenbäume, jeder trägt eine Aluplakette mit einem kleinen Text und dem Namen des Paten, haben bereits im allerersten Jahr Oliven getragen, das sage ich nur, weil das Gerücht herrscht, dass Olivenbäume viele Jahre brauchen, bis sie Früchte bekommen. Doch das ist erwiesenermassen völlig falsch.»




«Der Mann jedoch hielt Wort, kam am folgenden Tag mit seiner Ausrüstung auf meinem Gut an und begann, zu bohren. Und, siehe da, auf 62 Metern Tiefe fand er das Wasser!»

- Dieter Pfisterer




14) Oliven sind aber längst nicht das Einzige, das auf deiner Finca wächst und gedeiht.

«Nein, wir haben vieles probiert, aber wie bei allen Hobbygärtnern ist es halt schon so, dass sich beispielsweise Kartoffeln nicht lohnen, da kostet das Kilo hier im Laden 60 Rappen. Darum sind wir von der Selbstversorgung etwas abgekommen, zumal auch mein Arbeiter seit diesem Jahr im nahegelegenen Dorf wohnt. Seine Kinder müssen dort zur Schule . Aber wir haben noch Hühner, deren Eier ich den Nachbarn bringe, Mangos, die ich vornehmlich selber esse, Avocados, Aprikosen, Pfirsiche, Äpfel, Quitten, Kirschen, Orangen, Zitronen, Feigen und Datteln - die Vögel müssen ja auch etwas von meinem Hierhinzug haben!»







15) Also, zwar kein Selbstversorger, aber ein Obstgärtner.

«Der Aufwand zur Selbstversorgung ist rund zehnmal teurer als der Einkauf von den entsprechenden Grundnahrungsmitteln. Man darf nicht vergessen, hier in Andalusien, in der Sonnenstube von Europa, werden die meisten Früchte und Gemüse für ganz Europa und darüber hinaus - in zwar nicht sehr schönen Treibhäusern - angebaut. Seit wir mit dem Höhlenprojekt täglich, jahrein und jahraus, eingespannt sind, kamen wir davon fast gänzlich ab, alles selber machen zu wollen. Der Fokus liegt nun ganz auf der Fertigstellung der Höhle. Die soll ja irgendwann mal bewohnbar werden. Das erklärte Ziel ist - wie bereits gesagt - die Einweihung im Jahr 2028!»




Aber, um von Wasserverschwendung im Zusammenhang mit Olivenöl zu reden? Um einen Liter Olivenöl zu produzieren, braucht es gerade mal 120 Liter Wasser. Um ein Kilo Kakao zu produzieren, braucht es 27'000 Liter Wasser – noch Fragen?

- Dieter Pfisterer




16) Linienpiloten haben den weit entfernten Horizont im Blick. Sag mal, wie bist du in dieser trockenen Gegend eigentlich auf Grundwasser gestossen?

«Das ist eine Geschichte für sich! Da kam einer, der meinte, er sei «Wasserschmöcker», und der fragte, ob er mir eine Quelle suchen solle. «Ja bitte, gerne!», lud ich ihn ein, sein Können unter Beweis zu stellen. Daraufhin irrte der Mann mit seinem Pendel auf meinem Gelände umher, behauptete nach einer Weile, «genau hier» habe es Wasser. Ich guckte ihn fragend an und meinte: «Alles klar. Und wie tief unten ist es?» Darauf stampfte er einige Male auf den Boden und behauptete, dass auf 60 Metern Tiefe eine Wasserader liege. Ihm freundlich zulächelnd meinte ich: «Jaja, okay, und wie geht es weiter?» Darauf anerbot er sich, am nächsten Tag mit seiner Höllenmaschine, Kompressor und Bohrgestänge, anzukommen und das Wasser zu erschliessen. Natürlich war das für mich ziemlich «fake», wie man Neudeutsch sagt. Der Mann jedoch hielt Wort, kam am folgenden Tag mit seiner Ausrüstung auf meinem Gut an und begann zu bohren. Und, siehe da, auf 62 Metern Tiefe fand er das Wasser! Eine Wasserader, die von meiner Solaranlage nun seit 15 Jahren täglich 25 Kubikmeter in den Tank auf dem Berg pumpt! Ist das nicht wunderbar?»



Eine Flugzeugturbine ist auch eine Höhle - zumindest für Dieter Pfisterer. (Bild zVg)
Eine Flugzeugturbine ist auch eine Höhle - zumindest für Dieter Pfisterer. (Bild zVg)


17) Ja, ich finde das wunderbar. Die Hebräer nannten die Quelle dieses Wassers tehóm (hebräisch תְּהוֹם təhôm, ist ein nordwestsemitisches und biblisch-hebräisches Wort, das "die Tiefe" oder "Abgrund" [wörtlich "die Tiefen"] bedeutet. Es wird verwendet, um den urzeitlichen Ozean und die Gewässer der Erde nach der Schöpfung zu beschreiben.) Viele Menschen haben sich von diesen alten Lehren völlig entkoppelt. Das Wasser sei endlich, behaupten sie. Und so kritisieren sie beispielsweise den Olivenanbau wegen des in ihren Augen enormen Wasserverbrauchs. Doch tatsächlich sind über 70 % der spanischen Olivenhaine «trocken» und auf Regenwasser - von oben kommend - angewiesen. Wie gehst du mit dieser Kritik der Wasserverschwendung um?

«Eins vorneweg: Olivenhaine, die «trocken» und auf Regenwasser von oben angewiesen sind, gibt es in meiner Gegend jedenfalls nicht. Hier in Südspanien hat es zum Beispiel in den letzten beiden Jahren praktisch nie geregnet. Wir reden da von 0.2 Millimeter im letzten September! Die Felder und Äcker sind ausgebacken, und wenn es denn mal regnet, läuft das Regenwasser oberflächlich ab und fliesst sturzbachartig sofort ins Meer. Die Erde hat gar keine Zeit, um etwas aufzusaugen. Aber, um von Wasserverschwendung im Zusammenhang mit Olivenöl zu reden? Um einen Liter Olivenöl zu produzieren, braucht es gerade mal 120 Liter Wasser. Um ein Kilo Kakao zu produzieren, braucht es 27'000 Liter Wasser – noch Fragen? Der Olivenbaum ist meines Erachtens eine der intelligentesten Kreaturen auf unserem Planeten. Er kann bei komplettem Wassermangel viele Jahrzehnte schlummern, ohne zu sterben! Wenn der Baum mal wieder Wasser bekommt, macht er sofort Blätter, und wenn er dann das Vertrauen hat, dass er regelmässig Wasser erhält, belohnt er das reich mit Oliven.»



Dieter Pfisterer und der "Jesusbaum" (Bild: zVg)
Dieter Pfisterer und der "Jesusbaum" (Bild: zVg)

18) Weil sie so genügsam sind, werden sie steinalt.

«Ganz in der Nähe meiner Finca steht ein knorriger, uralter Olivenbaum, fünf Männer können ihn knapp umfassen. Er ist eingezäunt, und eine Infotafel besagt, dass er mehr als 2'000 Jahre alt sei, darum nennen ihn die älteren Einheimischen den «Jesusbaum». Er trägt immer noch jedes Jahr Früchte, von denen ich jeweils eine kleine Menge in meine eigene Ernte schmuggle. Man stelle sich das mal vor: Ein lebendiger Zeitzeuge, der schon zur Zeit der alten Römer dastand, diese in ihren glühenden Rüstungen vorbeireiten sah, atmete, Schatten spendete und Früchte trug! Es ist mir sogar gelungen, aus seinen jungen Trieben frische kleine Stecklinge zu ziehen, und ich freue mich jetzt schon auf dieses ehrwürdige Olivenöl.»



19) Wer erntet all die anderen Früchte des Jesusbaums? Also jene, die du übrig lässt?

«Niemand, es wäre zu mühsam oder gar gefährlich, auf den Baum zu klettern, um die Früchte zu ernten. Fast niemand kennt überhaupt den Standort dieses Knorrs, wahrscheinlich auch darum hat er diese ganzen Jahre überleben können, er ist niemandem im Weg.»



20) Zurück zum Wasser: Es ist tatsächlich keine Erfindung oder Statistikfälschung, dass über 70 % der spanischen Olivenhaine «trocken» sind. Sie werden nicht künstlich bewässert. Ein Ausflug nach Jaén offenbart dies. Das Beispiel mit dem «Jesusbaum», der kaum künstlich bewässert wird, zeigt, dass der Olivenanbau ohne künstliche Bewässerung funktioniert. Davon abgesehen gibt es in Spanien heuer mehr Regenwasser als im zehnjährigen Mittel. Die wasserführenden Becken sind zu knapp 60 Prozent voll.

«Zugegeben, andalusische Avocados verschlingen deutlich mehr Wasser als andalusische Oliven. Kürzlich war in einer süddeutschen Zeitung übrigens zu lesen, dass man den Klimawandel unter anderem auch daran erkennen könnte, dass immer mehr ranziges Olivenöl auf den Weltmarkt käme, weil das Olivenöl in den Früchten an den Bäumen ständig steigender Temperaturen ausgesetzt sei. Das ist natürlich Unfug. Aber Papier ist ja bekanntlich geduldig. Wenn ein Journalist dermassen unsorgfältig recherchieren und das dann noch publizieren darf, dann ist die Welt wahrlich verloren.»



21) Die Schlussfolgerungen der Stiftung Warentest sind mir bekannt. Und sie sind nicht haltbar. Ein systematischer Bias ist die Grundlage der Behauptung. Die Stiftung Wartentest verglich Olivenöle zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Saison. Je älter Supermarktöle sind, desto häufiger sind sie ranzig. Das hat mit dem Alter des Öls zu tun, nicht mit sonnengebräunten Oliven.

«Ja, was an der Aussage des Journalisten jedoch leider richtig ist, ist die Tatsache, dass jährlich immer mehr ranziges, verdorbenes oder liederlich hergestelltes Olivenöl aus fragwürdigsten «Quellen» auf den Weltmarkt gelangt. Weil die Preise von Olivenöl in den letzten Jahren massiv gestiegen sind, «lohnt» sich Betrug immer mehr. Das lockt nun grossräumig Fälscher und Gauner hinter dem Ofen hervor, die sogar nicht einmal davor zurückschrecken, billigstes Sonnenblumenöl mit Chlorophyll einzufärben und es tonnenweise auf den Markt zu kippen. Da wäre ein straffer Gesetzesvollzug gefordert, um dem einigermassen Einhalt zu gebieten.»




«Könnte ich mein Leben nochmals leben, würde ich nicht viel ändern, sicherlich jedoch die eine oder andere Dummheit auslassen.»

- Dieter Pfisterer




22) Fälscher haben derzeit Hochkonjunktur. Aber lass uns gerne einen Szenenwechsel machen: Wie ist das Zusammenleben mit den Andalusiern? Und wie das Zusammenarbeiten mit ihnen?

«Meine Finca liegt ziemlich abgelegen. Eigentlich mitten im Nirgendwo. Das nächste Dorf ist etwa zwei Kilometer entfernt. Dadurch habe ich nur selten Kontakt zu der spärlichen Bevölkerung hier. Aber man respektiert sich, und wenn man Hilfe braucht, bekommt man die ohne Weiteres. Ich helfe zum Beispiel alljährlich einem Bauern, dessen 20'000 Tomatensetzlinge in den Boden zu bringen.»



23) Kein Wunder dauert dein Höhlenprojekt beinahe schon so lange wie der Bau der Sagrada Família. Wie sagt man so schön? Von einem Ölnäpfchen ins andere.

«(Lacht), für die 20'000 Setzlinge benötigen wir lediglich einen Tag. Ihre alljährliche Pflanzung verzögert mein Höhlenprojekt keineswegs.»




«Herzlichen Dank, Isa!»

- Dieter Pfisterer




24) Lieber Dieter, zum Schluss noch diese Frage: Wenn du dein Leben nochmals von vorne gestalten könntest, würdest du etwas ändern?

«Ich würde nicht viel ändern, sicherlich jedoch die eine oder andere Dummheit auslassen. Allerdings, um ein Beispiel zu nennen, meine komplette Jugendzeit im Internat zu verbringen, das gäbe ich für nichts in der Welt her, das war die absolut schönste und intensivste Zeit in meinem Leben, und dann natürlich auch die Fliegerei. Aber ob ich nochmals den Mut und den Durchhaltewillen hätte, ein dermassen unendliches Projekt wie "Alamios Olivenöl" zu beginnen und durchzuziehen, zum Voraus wissend, was da auf mich zukommt, welche Klippen es da zu umschiffen, welche «Schlechtwetterzonen» es zu durchfliegen gibt, welche Hürden und Treibsandlöcher auf mich warten, und nicht zu reden vom finanziellen Risiko, das wage ich zu bezweifeln.»



Wir sind dankbar, lieber Dieter, hast du dich für diesen steinigen Weg entschieden. Was bliebe uns sonst, zu erzählen?! Ich danke dir herzlich für dieses unterhaltsame Gespräch. Auf die Einweihung von Alamios im 2028 bin ich sehr gespannt.

«Ich danke dir für die Möglichkeit, etwas aus meinem Geschichten-Fundus erzählen zu dürfen. An dieser Stelle möchte ich mich auch ganz herzlich bei meiner Frau Isa für ihre Geduld, Nachsicht und Toleranz all meinen Eskapaden gegenüber bedanken. Eine Pilotenfrau hat es gewiss nicht einfach. Isa hat in meiner «grossräumigen» Abwesenheit, sei es, als ich Flieger war, oder in meiner zweiten Karriere, die ich als Bauer und Steingrübler begann, zwei grossartige Kinder grossgezogen. Die sind zu meiner grossen Freude herausgekommen – vielleicht gerade weil ich viel abwesend war. Aber nicht nur das: Isa hat mich in meinen Träumen und Visionen stets moralisch und tatkräftig unterstützt. Herzlichen Dank, Isa!»

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